Zians-Haas Rechtsanwälte

Verfassungshof annulliert flexible Reform im Miteigentumsrecht

01.04.2020

Die am 01.01.2019 in Kraft getretene Reform betraf insbesondere Vereinigungen von Miteigentümern und vereinfachte deren Entscheidungsprozesse.

Nun wurde diese Lockerung im Miteigentumsrecht jedoch durch einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes vom 20.02.2020 (Nr. 30/2020) annulliert.

Dabei war die Gesetzesänderung dringend erforderlich gewesen.

Unter Miteigentümern gibt es häufig Konflikte und Blockaden, wenn es um die Frage geht, ob nicht gewisse Arbeiten an der Immobilie durchzuführen sind.

Der Zustand vieler Gebäude ist nicht gesetzeskonform. In manchen Fällen ist es einfacher und billiger, ein Gebäude abzureißen und mit den neuesten Materialien und Techniken wieder aufzubauen, anstatt es zu renovieren.

Ein reibungsloserer Entscheidungsprozess zwischen den Miteigentümern ist vor allem wichtig, wenn es um die Hygiene und Sicherheit der Bevölkerung geht.

Die ursprünglich in Artikel 577-7, §1, 2°, h des Zivilgesetzbuches vorgesehene Gesetzesänderung sah vor, dass für den Abriss und den vollständigen Wiederaufbau eines Gebäudes nur eine 4/5-Mehrheit der Miteigentümer ausreicht. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass es hierfür Hygiene- und Sicherheitsgründe gibt und die Kosten für die Anpassung des Gebäudes an die gesetzlichen Bestimmungen übermäßig hoch sind.

Sollte eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt sein, so muss die Entscheidung für den Abriss oder den vollständigen Wiederaufbau des Gebäudes einstimmig getroffen werden.

Darüber hinaus wurde vorgesehen, dass die Miteigentümer einer Immobilie, deren Wert unter dem Selbstkostenpreis des ganzen Aufwands liegt, im Rahmen dieser Vereinbarung auf ihr Miteigentumsrecht zugunsten der anderen Miteigentümer verzichten können. Dies war gegen eine einvernehmlich oder vom Gericht festzulegende Entschädigung möglich.

In seinem Entscheid bestätigte der Verfassungsgerichthof, dass die Gründe der Gesetzesreform legitim und im Interesse der Allgemeinheit sind. In der Tat führt eine Vereinfachung des Entscheidungsprozesses dazu, dass Gebäude schneller an die gesetzlichen Normen angepasst werden, was wiederum die Lebensqualität und die Sicherheit der Bewohner verbessert.

Jedoch ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und dem Schutz des Rechts auf ungestörte Nutzung des Eigentums gewahrt werden muss.

Die Regelung kann dazu führen, dass ein Miteigentümer keine andere Wahl hat, als auf sein Miteigentumsrecht zu verzichten. In diesem Fall ist es nicht undenkbar, dass sich dieser im Hinblick auf die gewährte Entschädigung betrogen fühlt. Die einzige Möglichkeit für diesen Miteigentümer bestände darin, sich innerhalb von 4 Monaten nach der betreffenden Entscheidung an den Friedensrichter zu wenden.

Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch der Ansicht, dass es vorzuziehen wäre, wenn die Miteigentümervereinigungen rechtlich verpflichtet wären, eine solche Entscheidung aus eigener Initiative vor den Friedensrichter zu bringen. Auf diese Weise könnte der Friedensrichter systematisch die Rechtmäßigkeit der Entscheidung überprüfen und ggf. ein Gutachten über die Angemessenheit der Höhe der Entschädigung einholen.

Somit wäre ein Gleichgewicht zwischen dem Allgemeininteresse und dem Eigentumsrecht garantiert.

Da die Gesetzesreform nun jedoch vollständig annulliert wurde, muss die Entscheidungen über den Abriss und den vollständigen Wiederaufbau einer Immobilie zukünftig wieder einstimmig, d.h. nicht mehr mit einer 4/5-Mehrheit, getroffen werden. Andernfalls kann die Nichtigkeit der getroffenen Entscheidung verlangt werden.

Zudem stellt sich die Frage, ob die Entscheidungen, die auf der Grundlage des annullierten Artikels getroffenen wurden, weiterhin rechtmäßig sind. In jedem Fall kann die Aufhebung der Entscheidungen, die vor weniger als 4 Monaten getroffen wurden, noch vor dem Friedensrichter beantragt werden. Trotzdem sollte der Gesetzgeber rasch eingreifen, um jegliche Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

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